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HIERARCHIESTRUKTUR

FRAUEN IM DIENST DER SS

FRAUEN IM DIENST DER SS

HIERARCHIESTRUKTUR

Genauso wie Konzentrationslager für Männer waren auch Frauenkonzentrationslager einem Kommandanten untergeordnet. Diese Funktion konnte nur ein männlicher SS-Mitglied ausüben. Die Hierarchie in den Frauenkonzentrationslagern orientierte sich an der unter Männern. Der einzige Unterschied war, dass bei Frauen das Prinzip der doppelten Unterordnung gegolten hatte. Da eine entsprechende Institution für Angelegenheiten des weiblichen Aufsicht-Personals bei der SS fehlte, bestimmten die Kommandanten der jeweiligen Konzentrationslager über Aufgaben und Zuständigkeiten von Aufseherinnen. Darüber hinaus waren die Aufseherinnen der Oberaufseherin untergeordnet. Obwohl sie Leiterin des Frauenlagers war, konnte sie aber keine Befehle den SS-Männern erteilen. Eine Oberaufseherin leitete ein Frauenlager und sollte den Schutzhaftlagerführer in Frauenangelegenheiten beraten und unterstützen. Keine klare Kompetenzeinteilung zwischen dem Schutzhaftlagerführer und der Oberaufseherin führte im KZ Auschwitz zu Konflikten, weil in der Praxis sich die Kompetenzen von beiden überschnitten. Johanna Langefeld, Oberaufseherin im FKL Ravensbrück und später auch im KZ Auschwitz versuchte ihren Entscheidungsspielraum im Frauenlager zu erweitern, was zu ständigen Konflikten zwischen ihr und der männlichen Besatzung im KZ Auschwitz führte.

Die damalige Oberaufseherin Frau Langefeld, obwohl sie nicht in der Lage war, die Situation in den Griff zu bekommen, lehnte wiederholt die Ratschläge des Schutzhaftlagerführers ab. Als ich festgestellt habe, dass es so chaotisch nicht weiter gehen kann, ordnete ich in Eigenverantwortung das Frauenlager dem Schutzhaftlagerführer unter. Es verging kein Tag ohne Unstimmigkeiten in der Zahl der Gefangenen (...). Da die Oberaufseherin sich als die alleinige Leiterin des Frauenlagers sah, reichte sie eine Beschwerte gegen meine Verfügung, sich einem ihres gleichen unterordnen zu müssen. Während des Besuches des SS-Reichsführers im Juli 1942 im KZ Auschwitz berichtete ich in der Gegenwart der Oberaufseherin über Probleme und sagte, dass Frau Langefeld niemals in der Lage sein würde den Frauenlager zu leiten (...). Er äußerte jedoch den Wunsch, dass das Frauenlager von einer Frau geleitet werden sollte und dass ich einen SS-Offizier ihr zur Seite stellen sollte. Welcher Offizier wollte jedoch einer Frau unterstehen? Jeder, dem ich diese Aufgabe übertragenhatte, bat mich, ihn so schnell wie möglich von der Pflicht zu entbinden.

Quelle: Höss Rudolf, Wspomnienia Rudolfa Hössa komendanta obozu oświęcimskiego, Warschau 1956, S. 98–99.

In der Betriebszeit der Frauenabteilung und später des Frauenlagers im KZ Auschwitz als Oberaufseherin tätig waren: Johanna Langefeld, Maria Mandl und Elisabeth Volkenrath.


Johanna Langefeld, geb. May, wurde am 5. März 1900 in Kupferdreh bei Essen geboren. Ab März 1938 war sie als Aufseherin im KZ Lichtenburg tätig, ein Jahr später wurde sie zur Oberaufseherin befördert. Von Mitte Mai 1939 bis März 1942 war sie als Oberaufseherin im FKL Ravensbrück und später auch im KZ Auschwitz tätig. Da es zwischen ihr und dem KZ-Kommandanten Rudolf Höss Unstimmigkeiten gab, kehrte sie im September 1942 zum Dienst ins FKL Ravensbrück zurück. Anfang 1943 geriet sie in einen Konflikt mit dem Kommandanten des FKL Ravensbrück Fritz Suhr, der im Sommer 1942 zum SS-Hauptsturmführer ernannt wurde. Der Kommandant legte ihr überall Steine in den Weg, sie warf ihm Bestechlichkeit und Machtmissbrauch vor. Als sie im März 1943 gegen Erschießung einer Gruppe von Polinnen protestierte, warf man ihr Sympathien gegenüber den polnischen Gefangenen vor und unter diesem Vorwand wurde sie im April 1943 aus dem KZ-Dienst entlassen. Nachdem sie die Stelle verloren hatte, musste sie sich eine neue Beschäftigung suchen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Im Frühjahr 1943 zog sie mit ihrem 15-jährigen Sohn Herbert zu ihrer Schwester nach München um, wo sie eine Stelle als Arbeiterin in den BMW-Werken fand. Dort arbeitete sie bis zum Ende des Krieges. Aufgrund ihres KZ-Dienstes wurde sie am 20. Dezember 1945 in Füssen vom US-Militär verhaftet und nach dem Verhör ins Internierungslager Nr. 8 in Garmisch-Partenkirchen geschickt. 1946 wurde sie nach Polen ausgeliefert, wo ein Prozess gegen sie stattfinden sollte. Johanna Langefeld entkam der Bestrafung, da es ihr unter ungeklärten Umständen gelungen ist, aus dem Montelupich Gefängnis in Krakau im Dezember 1946 zu fliehen. Sie starb 1974 in Augsburg.

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Johanna Langefeld während des Besuches von Heinrich Himmler im Winter 1940 im FKL Ravensbrück.
Quelle: MGR

Maria Mandl wurde am 10. Januar 1912 in Münzkirchen in Oberösterreich geboren. Im Oktober 1938 fing sie ihren Dienst als KZ-Aufseherin an. Zuerst arbeitete sie in Lichtenburg, im Mai 1939 wurde sie ins FKL Ravensbrück versetzt. Von Mai bis Oktober 1942 war sie dort Oberaufseherin. Anfang Oktober 1942 wurde sie nach Auschwitz delegiert, wo sie auch als Oberaufseherin tätig war. Im Herbst 1944 bekam sie eine Zuweisung nach Mühldorf am Inn, einem Außenlager von Dachau. Im August 1945 wurde sie vom amerikanischen Militär festgenommen und ins Internierungslager Nr. 77 in Ludwigsburg deportiert. Im Herbst 1946 wurde sie nach Polen ausgeliefert, wo sie eine der Angeklagten im Prozess gegen 40 ehemalige Besatzungsmitglieder des KZ Auschwitz war. Am 22. Dezember 1947 wurde sie für die im KZ Auschwitz begangenen Verbrechen vom Obersten Volkstribunal im Krakauer Auschwitzprozess zum Tode durch den Strang verurteilt. Das Urteil wurde im Januar 1948 im Montelupich Gefängnis in Krakau vollstreckt.

Elisabeth Volkenrath, geb. Mühlan, wurde am 5. September 1919 in Schönau geboren. Im Oktober 1941 fing sie den Dienst im FKL Ravensbrück an, im März 1942 wurde sie ins KZ Auschwitz zur neu gegründeten Frauenabteilung delegiert. Im Stammlager war sie für die Überwachung weiblicher Häftlinge zuständig, die in der SS-Nähwerkstatt und Wäscherei im Keller des Stabsgebäudes arbeiteten. Im Dezember 1942 wurde sie zur Beaufsichtigung der KZ-Packstation in Birkenau zugewiesen. Im Herbst 1944 wurde sie zur Oberaufseherin. Wegen der Evakuierung des Lagers im Januar 1945 wurde sie zum Dienst ins KZ Bergen-Belsen delegiert, wo sie ab März 1945 ebenso als Oberaufseherin tätig war. Zusammen mit anderen KZ-Besatzungsmitgliedern wurde sie in Bergen-Belsen von britischen Streitkräften verhaftet, die im April 1945 das Lager befreiten. Elisabeth Volkenrath war Angeklagte im Bergen-Belsen Prozess vor dem Militärgericht für Kriegsverbrechen in Lüneburg, der vom 17. September bis zum 17. November 1945 stattfand. Sie wurde zum Tode durch den Strang verurteilt. Die Hinrichtung fand im Dezember 1945 im Gefängnis Hameln statt.

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Quelle: ASMA-B

Elisabeth Volkenrath zusammen mit der Gruppe der Aufseherinnen, die im Frühjahr 1945 im KZ Bergen-Belsen von britischen Soldaten verhaftet wurden. 

Eine Rapportführerin stand in der KZ-Hierarchie etwas tiefer, sie war Vorgesetzte für die Blockführerinnen und die rechte Hand der Oberaufseherin. Ihre Hauptaufgabe war, für Ordnung und Disziplin zu sorgen. Anhand der Meldungen, die sie von den Blockführerinnen bekam, bereitete sie die Tagesberichte für das Lager vor und prüfte die Anwesenheit der Häftlinge während der Morgen- und Abendappelle. Darüber hinaus war die Rapportführerin bei der Bestrafung der Häftlinge anwesend, die gegen die KZ-Ordnung verstoßen hatten. Im KZ Auschwitz war sie auch an den Selektionen beteiligt, während dessen die kranken und arbeitsunfähigen Frauen aussortiert wurden, um in Gaskammern ermordet zu werden. In der Zeit von März 1942 bis Januar 1945 im KZ Auschwitz gab es mehrere Rapportführerinnen. U.a.: Therese Brandl, Luise Danz, Margot Drechsel, Irma Grese, Elisabeth Ruppert und Gertrud Zlotos.

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Quelle: ASMA-B

Gertrud Anna Zlotos wurde am 9. März 1917 in Hindenburg (aktuell: Zabrze) in einer kinderreichen deutschen Arbeiterfamilie geboren. Von November 1942 bis Januar 1945 war sie Aufseherin im KZ Auschwitz. Während ihres 2-jährigen Aufenthaltes im Lager war sie u. a. als Rapportführerin tätig. Nach der Evakuierung des Lagers wurde sie zum Dienst im FKL Ravensbrück abgeordnet, wo sie bis April 1945 blieb. Nach dem Krieg wurde sie vom Obersten Volkstribunal in Krakau zu sieben Jahren Haft verurteilt.

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Quelle: ASMA-B

Meldung über die Bestrafung der Gefangenen Sara Szejwac von August 1943 vorgelegt von der Rapportführerin Margot Drechsel, genehmigt von der Oberaufseherin Maria Mandl.

Margot Lisabeth Drechsel wurde am 17. Mai 1908 in Neugersdorf in Sachsen geboren. Von März 1942 bis November 1944 war sie im KZ Auschwitz als Rapportführerin tätig. Im November 1944 wurde sie ins KZ Flossenbürg versetzt, wo sie bis zum Ende des Krieges blieb. 


Eine Arbeitsdienstführerin war für die Arbeitszuteilung der Häftlinge zuständig. Zu ihren Pflichten gehörten: Buchführung und Arbeitslistenführung der Häftlinge sowie Berechnung der Arbeitseffizienz des jeweiligen Arbeitskommandos und Berichterstattung darüber. Im KZ Auschwitz übte diese Funktion Elisabeth Hasse aus, nach den Angaben der Häftlinge war sie eine der grausamsten Aufseherinnen im Lager.

Hasse war eine böse Aufseherin, mit Vergnügen quälte sie die Häftlinge. (...) sie verbreitete Angst und Schrecken im Frauenlager, sie konnte mit einem Schlag zahlreiche Zähne ausschlagen. Sie war in der Lage jedes „KZ-Verbrechen“ aufzudecken, wie zum Beispiel ein falsch gebundenes Kopftuch, kochen von Kartoffeln oder eine versteckte Tasche. Sie bestrafte unverzüglich mit der Peitsche (...). Sie sparte nicht mit Meldungen über Vergehen, danach haben wir Bunker-, Dunkelkammer- oder Hungerstrafen bekommen.

Quelle: Genowefa Ułan, ASMA-B, Erinnerungen, B. 159, S. 281.

Die Blockführerinnen standen noch niedriger in der KZ-Hierarchie, sie waren für die Beaufsichtigung der ihnen zugeordneten Blöcke bzw. eines Blocks zuständig. Jede Blockführerin erstattete täglich einen Bericht über die Zahl der Häftlinge in ihrem Block, dann übergab sie ihn an die Rapportführerin. Außerdem war sie für die Sauberkeit des ihr unterstehenden Blocks und für die Aufrechterhaltung der Disziplin unter den dort lebenden weiblichen Häftlingen verantwortlich. Im Gegensatz zu Stellen von Oberaufseherinnen, Rapportführerinnen und Arbeitsdienstführerinnen, die oft für lange Zeit von derselben Person besetzt wurden, herrschte bei den Blockführerinnen eine hohe Fluktuation. Zu den Blockführerinnen im KZ Auschwitz gehörten u. a.: Luise Brunner, Irma Grese und Monika Miklas.

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Quelle: ASMA-B

Monika Miklas wurde am 4. Mai 1910 in Hindenburg (aktuell: Zabrze) geboren. Seit April 1943 war sie als Aufseherin im KZ Auschwitz tätig. Während des Aufenthaltes im Lager arbeitete sie u. a. als Blockführerin und beaufsichtigte die KZ-Packstation. Nach der Evakuierung des KZ Auschwitz wurde sie zum Dienst ins FKL Ravensbrück delegiert, wo sie bis zum Frühjahr 1945 blieb. Sie wurde vom Bezirksgericht in Wadowice zu acht Jahren Haft verurteilt.

Die übrigen Aufseherinnen, die keine Funktion begleiteten, können in 2 Gruppen unterteilt werden. Die erste Gruppe bildeten die sog. technischen Aufseherinnen, die bestimmte Nutzgebäude im Lager (wie z. B.: Lagerküche, SS-Küche, Badestube und Packstation) sowie die dort arbeitenden Häftlinge beaufsichtigten. Zu der zweiten Gruppe gehörten die Aufseherinnen, die die außerhalb des Lagers arbeitenden Kommandos beaufsichtigten, wie z. B. bei der Feldarbeit. Er waren Kommandoführerinnen, deren Aufgabe es war, Gruppen von Häftlingen auf dem Weg zur Arbeit zu begleiten und sie während der Erledigung der Aufgaben zu beaufsichtigen. Aufgrund der übertragenen Aufgaben bekamen sie oft einen Hund und eine Schusswaffe zur Verfügung, damit eine mögliche Flucht der Gefangenen von Außenkommandos verhindert werden konnte.